Schimmelbefall bei Erstbezug: Ursachen und Lösungen bei Neubaufeuchte

Ein massiver Schimmelbefall nach dem Einzug in eine neu errichtete, moderne Wohnung – genau das widerfuhr einer jungen Familie, die im Winter 2021 in ein hochwertiges Mehrfamilienhaus einzog. Trotz modernster Ausstattung und hoher energetischer Standards mit Wärmedämmung und Dreifachverglasung der Fenster trat in den unteren Bereichen der Wände, insbesondere neben den Fenstern, Schimmel auf. Was ist passiert? In diesem Blogbeitrag erläutern wir die Ursachen des Schimmelbefalls, die Herausforderungen der sogenannten Neubaufeuchte und welche Maßnahmen sowohl Mieter als auch Vermieter ergreifen sollten, um ähnliche Probleme in Zukunft zu verhindern.

Die Ausgangslage: Schimmel im Neubau

Das betroffene Mehrfamilienhaus wurde erst 2021 fertiggestellt und entspricht modernen baulichen Standards. Die junge Familie bezog die Wohnung im Dezember, als es bereits winterlich kalt war. Die ersten Anzeichen von Schimmel und Feuchtigkeit traten in den Wochen nach dem Einzug auf. An den unteren Bereichen der Wände neben den Fenstern bildeten sich feuchte Flecken und Schimmelpilze. Diese Feuchtigkeitsprobleme betrafen sämtliche Räume der Wohnung und entwickelten sich schnell zu einem ernsthaften Problem.

Untersuchung der Ursachen: Thermographie und Feuchtigkeitsmessungen

Als Sachverständiger wurde ich beauftragt, den Schimmelbefall zu untersuchen. Mit einer Thermographiekamera führten wir eine detaillierte Analyse durch. Die Bilder zeigten auffällige Temperaturunterschiede im unteren Bereich der Wände, besonders neben den Fenstern. Diese kühleren Bereiche wiesen auf eine erhöhte Feuchtigkeit hin, da feuchte Bausubstanz Wärme schlechter speichert und dementsprechend kühler ist.

Um die genaue Feuchtigkeitskonzentration in der Wand zu bestimmen, führten wir Messungen mit Sonden durch. Diese Messgeräte erlauben sowohl oberflächennahe als auch tiefere Feuchtigkeitsmessungen im Baustoff. Bei der Analyse zeigte sich, dass die Wände bis zu einer Tiefe von 30 cm stark durchfeuchtet waren. Die Ursachen für die Feuchtigkeit waren somit klar: Es handelte sich um Neubaufeuchte – eine gebundene Feuchtigkeit, die nach der Errichtung eines Gebäudes in den Baustoffen verbleibt und nur langsam abtrocknet.

Neubaufeuchte: Ein oft unterschätztes Problem

Neubaufeuchte entsteht durch den Einsatz großer Mengen Wasser bei der Herstellung und Verarbeitung von Beton, Mörtel, Putz und Estrich. Diese Materialien enthalten nach der Errichtung noch erhebliche Mengen gebundenes Wasser, das über Monate oder gar Jahre hinweg langsam abtrocknet. Normalerweise erfolgt diese Trocknung nach außen. Bei modernen Gebäuden mit hochgedämmten Außenwänden und dichten Fensterkonstruktionen kann die Feuchtigkeit jedoch nur schwer entweichen. Dadurch wird sie gezwungen, nach innen abzugeben und sich in den Innenräumen zu verteilen.

In diesem Fall war die Trocknung der Restfeuchte durch die hochwertige Wärmedämmung behindert. Die Außendämmung reduzierte den Wärmeaustausch so stark, dass die feuchten Wände im Inneren des Gebäudes auf niedrigeren Temperaturen blieben. Diese niedrigen Oberflächentemperaturen führten dazu, dass Kondensationsfeuchtigkeit aus der Raumluft an den Wänden niederschlug, insbesondere in den kühleren Bereichen neben den Fenstern.

Die kritische Oberflächentemperatur von 12,6 °C wurde unterschritten, was die Entstehung von Kondensationsfeuchte begünstigte. Da feuchte Wände ohnehin schlecht trocknen, verschärfte die zusätzliche Kondensationsfeuchtigkeit das Problem noch weiter.

Warum Lüften und Heizen allein nicht ausreicht

Die betroffene Familie dokumentierte ihre Bemühungen, den Schimmelbefall in den Griff zu bekommen. Es wurde regelmäßig gelüftet, die Heizungen wurden stärker aufgedreht, und Hygrometer zeigten eine ständige Überwachung der Luftfeuchtigkeit und Temperatur. Leider zeigte dies keinen Erfolg. Der Schimmel wuchs weiterhin, und die feuchten Stellen blieben bestehen.

Das Hauptproblem lag in der Tatsache, dass die Neubaufeuchte in den Wänden nicht ausreichend nach außen abtrocknen konnte. Moderne Wärmedämmung und luftdichte Gebäudehüllen sorgen dafür, dass die natürliche Verdunstung stark eingeschränkt wird. Diese Feuchtigkeit muss stattdessen über die Raumluft abgeführt werden – ein Prozess, der oft ein bis zwei Jahre dauern kann, abhängig von den verwendeten Baustoffen und der Menge des gebundenen Wassers. Intensives Lüften und Heizen kann diesen Prozess zwar unterstützen, reicht aber nicht aus, um die Schimmelbildung vollständig zu verhindern.

Schimmel: Ein Symptom der Neubaufeuchte

Die feuchten Wände boten ideale Wachstumsbedingungen für Schimmelpilze. Feuchte Baustoffe und kühle Oberflächentemperaturen sind der perfekte Nährboden für Schimmelpilzarten, die sich schnell an der Oberfläche ausbreiten. Auch handelsübliche Schimmelentfernungsmittel halfen der Familie nur kurzfristig. Der Schimmel wuchs innerhalb weniger Wochen immer wieder nach. Solange die Wände feucht blieben, konnte der Schimmel nicht nachhaltig entfernt werden.

Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden?

1. Lüftungskonzept implementieren

Ein effizientes Lüftungskonzept ist der Schlüssel zur Abführung der Raumfeuchtigkeit. Mieter in Neubauten sollten wissen, dass in den ersten ein bis zwei Jahren nach Bezug regelmäßiges und richtiges Lüften essenziell ist, um die Neubaufeuchte zu reduzieren. Ideal ist die Stoßlüftung – zweimal bis dreimal täglich für etwa 10 Minuten, bei der alle Fenster weit geöffnet werden, um einen raschen Luftaustausch zu ermöglichen.

2. Regelmäßige Kontrolle von Raumklima und Feuchtigkeit

Mieter sollten mit einem Thermo-Hygrometer sowohl die Raumtemperatur als auch die relative Luftfeuchtigkeit kontrollieren. Eine ideale Raumtemperatur von etwa 20–22 °C und eine Luftfeuchtigkeit zwischen 40–60 % bieten gute Bedingungen, um Feuchtigkeit abzuführen und Schimmel zu vermeiden.

3. Verantwortungsvoller Umgang mit Heizen und Lüften

Vermieter sollten darauf achten, dass Mieter über die Notwendigkeit von intensivem Lüften und Beheizen informiert werden. Dies sollte idealerweise im Mietvertrag festgehalten werden. Mieter sollten angewiesen werden, auf mögliche Feuchtigkeitsprobleme zu achten und bei Bedarf frühzeitig zu reagieren.

4. Nachträgliche Entfeuchtungsmaßnahmen

Wenn die Feuchtigkeit in den Wänden extrem hoch ist und die natürliche Trocknung nicht ausreicht, kann der Einsatz von Luftentfeuchtern in Erwägung gezogen werden. Diese Geräte beschleunigen den Prozess der Feuchtigkeitsabfuhr und können das Raumklima stabilisieren.

5. Professionelle Schimmelentfernung

Sollte sich Schimmel trotz aller Bemühungen weiterhin bilden, ist eine professionelle Schimmelbeseitigung notwendig. Der Schimmel muss vollständig und nachhaltig entfernt werden, um eine Gesundheitsgefährdung der Bewohner zu verhindern.

Fazit: Neubaufeuchte als häufige Ursache für Schimmel

Der Schimmelbefall in diesem Fall ist ein klassisches Beispiel für die Probleme, die bei Neubauten durch Restfeuchtigkeit entstehen können. Trotz moderner Bauweise und energetischer Maßnahmen kann die Feuchtigkeit in den Baustoffen über Monate hinweg für Probleme sorgen. Mieter und Vermieter sollten sich der Neubaufeuchte bewusst sein und entsprechende Maßnahmen ergreifen, um Schimmelbildung zu vermeiden. Besonders wichtig ist ein funktionierendes Lüftungskonzept und eine regelmäßige Kontrolle des Raumklimas.

Haben Sie ähnliche Probleme in Ihrem Neubau? Unser Sachverständigenbüro unterstützt Sie gerne bei der Ursachenanalyse und der Beseitigung von Schimmelproblemen.

Sachverständigenbüro Charles Knepper
Kirchweg 4, 06295 Lutherstadt Eisleben
Telefon: 0177 – 4007130
E-Mail: gutachter-knepper@online.de
Websites: schimmelhilfe24.de, holzschutz-gutachten24.de, gutachter-knepper.de, bauschaden24.eu

Charles Knepper

öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer Halle / Saale

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