Fachartikel: Die Notwendigkeit des regelmäßigen Stoßlüftens bei Neubauten und Sanierungen

Einleitung

Bei Neubauten und umfangreichen Sanierungen von Mietwohnungen und Häusern entsteht zwangsläufig eine hohe Feuchtigkeitsbelastung der Bausubstanz. Dies liegt an den verwendeten Baustoffen wie Putzen, Estrichen, Mauerwerken, Spachtelmassen und Farben, die während der Verarbeitung große Mengen Wasser enthalten. Nach Abschluss der Bauarbeiten muss diese Feuchtigkeit langsam und kontrolliert entweichen, um Schäden wie Schimmelbildung zu vermeiden. Eine einfache, aber äußerst effektive Methode zur Feuchtigkeitskontrolle ist das regelmäßige Stoßlüften. Dieser Artikel beleuchtet die Bedeutung des Lüftens, insbesondere in der kritischen Trocknungsphase von Neubauten und nach Sanierungen.

Feuchtigkeitsquellen in Neubauten und sanierten Objekten

Jeder Neubau oder jede Sanierung bringt Feuchtigkeit in das Gebäude. Materialien wie frischer Putz, Estriche oder Spachtelmassen enthalten beträchtliche Mengen an Wasser, das während der Trocknung an die Raumluft abgegeben wird. Diese Feuchtigkeit bleibt zunächst in der Raumluft und kann sich bei mangelnder Lüftung in Wänden, Decken und Böden anreichern, was zu einer erhöhten Luftfeuchtigkeit führt. Besonders gefährlich wird dies, wenn die Feuchtigkeit nicht ausreichend entweichen kann – ideale Bedingungen für Schimmelpilze entstehen.

Physikalische Trocknung ohne technische Unterstützung

Die Trocknung von Baustoffen erfolgt in erster Linie durch Diffusion, bei der das Wasser aus den Materialien in die Luft abgegeben wird. Ohne den Einsatz technischer Trocknungsgeräte wie Luftentfeuchter verläuft dieser Prozess langsamer, aber dennoch effektiv, wenn die richtige Umgebung geschaffen wird.

Eine Faustregel der Bauphysik besagt, dass Baustoffe etwa 1 mm Schichtstärke pro Tag trocknen. Dies bedeutet, dass eine Wand mit einer Stärke von 36,5 cm – ein typischer Außenbaukörper – ungefähr ein Jahr benötigt, um vollständig zu trocknen, vorausgesetzt, die Umgebungsluft wird regelmäßig durch Lüftung ausgetauscht. Diese Zeitspanne zeigt, wie langwierig der Trocknungsprozess bei Neubauten sein kann und unterstreicht die Notwendigkeit eines konsequenten Lüftungsmanagements.

Die Rolle der Lüftung beim Trocknungsprozess

Damit die physikalische Trocknung der Baustoffe ungehindert ablaufen kann, muss die Raumluft regelmäßig entfeuchtet werden. Der wichtigste Mechanismus dafür ist das Stoßlüften. Dabei werden die Fenster für kurze Zeit (5-10 Minuten) weit geöffnet, um die feuchte Raumluft schnell gegen trockene Außenluft auszutauschen. Dies ist besonders in den kühleren Monaten effizient, da kalte Luft weniger Feuchtigkeit speichern kann und so nach dem Erwärmen im Raum mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann. Ein regelmäßiger Austausch der Luft ist daher essenziell, um den Trocknungsprozess der Bausubstanz zu unterstützen.

Folgen unzureichender Lüftung: Schimmelpilzbildung

Wenn keine ausreichende Lüftung erfolgt, steigt die Luftfeuchtigkeit im Innenraum schnell an, da die Feuchtigkeit aus den Baustoffen nicht entweichen kann. Bei dauerhaft hoher Luftfeuchtigkeit – oft schon ab 60 % – sind die Bedingungen für Schimmelpilze ideal. Besonders in den ersten Monaten nach dem Bau oder der Sanierung besteht ein hohes Risiko, dass Schimmel in feuchten Ecken, an kühlen Wandflächen oder hinter Möbeln entsteht.

Einige der häufigsten Schimmelarten, die in feuchten Wohnungen auftreten, sind Aspergillus niger und Penicillium chrysogenum. Diese können nicht nur Baumaterialien beschädigen, sondern auch gesundheitliche Probleme verursachen, insbesondere bei Menschen mit Atemwegserkrankungen oder Allergien.

Die Bedeutung der richtigen Lüftungsstrategie

Um die Feuchtigkeit kontrolliert aus dem Gebäude zu transportieren, ist eine strukturierte Lüftungsstrategie unerlässlich. Stoßlüften ist dabei die effektivste Methode. Hier einige Tipps für eine optimale Lüftung:

  1. Mehrmals täglich Stoßlüften: Mindestens 3-4 Mal am Tag sollten alle Fenster für einige Minuten komplett geöffnet werden. Dadurch wird die feuchte Luft schnell ausgetauscht.
  2. Quer- und Durchzugslüften: Am effektivsten ist es, wenn gegenüberliegende Fenster geöffnet werden, um einen Luftzug zu erzeugen. So kann die Luft besonders schnell entweichen.
  3. Vermeiden von Kippstellung: Fenster in Kippstellung führen oft zu nur minimalem Luftaustausch und kühlen die Wände stark aus, was wiederum Schimmel begünstigen kann.
  4. Kontrolle der Luftfeuchtigkeit: Hygrometer können helfen, die Raumfeuchtigkeit zu überwachen. Ideal sind Werte zwischen 40 % und 60 %.

Fazit

Die regelmäßige und korrekte Lüftung ist in Neubauten und nach Sanierungen unverzichtbar, um die Feuchtigkeit aus den Baustoffen abzuleiten und Schimmelbildung zu verhindern. Ohne technische Unterstützung dauert die Trocknung durch Diffusion in der Regel lange, oft bis zu einem Jahr für dickere Wände. Daher ist es wichtig, über den gesamten Zeitraum hinweg für einen kontinuierlichen Luftaustausch zu sorgen. Nur durch konsequentes Stoßlüften kann sichergestellt werden, dass das Gebäude langfristig schimmelfrei bleibt und die Bausubstanz keinen Schaden nimmt.

Verfasser : SV Charles Knepper

Charles Knepper

öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer Halle / Saale

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