Biologischer Befall auf Oberflächen von Wärmedämm-Verbundsystemen: Ursachen, Auswirkungen und Lösungen

Einleitung

Wärmedämm-Verbundsysteme (WDVS) sind eine weit verbreitete Methode zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden. Trotz ihrer Vorteile können diese Systeme anfällig für biologischen Befall sein, insbesondere durch Algen, Pilze und Flechten. Dieser Beitrag untersucht die Ursachen des biologischen Befalls, seine Auswirkungen auf die Gebäudefassade und mögliche Lösungen zur Prävention und Sanierung.

1. Was ist biologischer Befall?

Biologischer Befall auf WDVS-Oberflächen bezieht sich auf das Wachstum von Mikroorganismen wie Algen, Pilzen, Flechten und Bakterien. Diese Organismen gedeihen in feuchten, nährstoffreichen Umgebungen und können das Erscheinungsbild und die Integrität der Gebäudefassade beeinträchtigen.

2. Ursachen des biologischen Befalls

2.1 Feuchtigkeit

Feuchtigkeit ist der Hauptfaktor für das Wachstum von Mikroorganismen. Quellen können Regen, Schnee, Tau, sowie aufsteigende Feuchtigkeit aus dem Boden sein. Auch Kondenswasserbildung an der Oberfläche kann zur Feuchtigkeit beitragen.

2.2 Nährstoffversorgung

Nährstoffe für Mikroorganismen können aus verschiedenen Quellen stammen, darunter Staub, Schmutzpartikel, Pollen und organische Rückstände. Auch bestimmte Bestandteile der Putzschicht können als Nährstoffe dienen.

2.3 Umgebungseinflüsse

Gebäude in feuchten, schattigen Lagen oder in der Nähe von Vegetation sind besonders anfällig für biologischen Befall. Geringe Sonneneinstrahlung und hohe Luftfeuchtigkeit schaffen ideale Bedingungen für das Wachstum von Mikroorganismen.

2.4 Materialwahl und Bauweise

Die Wahl der Materialien und die Ausführung der WDVS spielen eine entscheidende Rolle. Einige Materialien sind durch ihre Beschaffenheit anfälliger für Feuchtigkeit und bieten Mikroorganismen bessere Wachstumsbedingungen.

3. Arten des biologischen Befalls

3.1 Algen

Algen sind oft die ersten Organismen, die auf feuchten Oberflächen erscheinen. Sie bilden grünliche bis schwarze Beläge und sind besonders häufig an Nordfassaden zu finden.

3.2 Pilze

Pilze treten häufig in Kombination mit Algen auf und bilden schwarze, braune oder graue Flecken. Sie können tiefer in das Material eindringen und strukturelle Schäden verursachen.

3.3 Flechten

Flechten sind symbiotische Gemeinschaften von Algen und Pilzen. Sie treten seltener auf, können aber besonders hartnäckig und schwer zu entfernen sein.

4. Auswirkungen des biologischen Befalls

4.1 Optische Beeinträchtigung

Der offensichtlichste Effekt des biologischen Befalls ist die optische Beeinträchtigung der Fassade. Die Verfärbungen und Beläge beeinträchtigen das Erscheinungsbild und können den Wert des Gebäudes mindern.

4.2 Materialschäden

Ein anhaltender Befall kann zu Materialschäden führen. Pilze können tiefer in die Putzschicht eindringen und diese schwächen. Auch die Dämmwirkung des WDVS kann beeinträchtigt werden.

4.3 Gesundheitliche Risiken

In seltenen Fällen können Mikroorganismen gesundheitliche Risiken darstellen, insbesondere für Personen mit Allergien oder Atemwegserkrankungen.

5. Prävention von biologischem Befall

5.1 Wahl der Materialien

Die Wahl der richtigen Materialien kann das Risiko eines biologischen Befalls erheblich reduzieren. Materialien mit geringer Wasseraufnahme und speziellen bioziden Zusätzen bieten besseren Schutz.

5.2 Fachgerechte Ausführung

Eine fachgerechte Ausführung des WDVS, einschließlich der korrekten Abdichtung und Vermeidung von Wärmebrücken, ist entscheidend. Dies reduziert die Feuchtigkeitsbildung und schafft ungünstige Bedingungen für Mikroorganismen.

5.3 Regelmäßige Wartung und Reinigung

Regelmäßige Wartung und Reinigung der Fassade können helfen, den Nährstoffeintrag zu minimieren und Mikroorganismen zu entfernen, bevor sie sich etablieren.

5.4 Schutzmaßnahmen

Der Einsatz von fungiziden und algiziden Beschichtungen kann einen zusätzlichen Schutz bieten. Diese Beschichtungen wirken präventiv gegen das Wachstum von Mikroorganismen.

6. Sanierung bei biologischem Befall

6.1 Reinigung der Fassade

Eine gründliche Reinigung der Fassade ist der erste Schritt zur Sanierung. Dies kann mechanisch mit Bürsten und Wasser oder chemisch mit speziellen Reinigungsmitteln erfolgen.

6.2 Anwendung biozider Produkte

Nach der Reinigung können biozide Produkte aufgetragen werden, um verbleibende Mikroorganismen abzutöten und eine erneute Besiedlung zu verhindern.

6.3 Erneuerung der Putzschicht

In schweren Fällen, wenn der Befall tief in die Putzschicht eingedrungen ist, kann eine Erneuerung der Putzschicht notwendig sein. Dabei sollte auf Materialien mit besseren Schutzmechanismen geachtet werden.

6.4 Langfristige Schutzmaßnahmen

Um einen erneuten Befall zu verhindern, sollten langfristige Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Dies umfasst die Verbesserung der Entwässerung, das Anbringen von Schutzleisten und die regelmäßige Wartung.

7. Fallstudien und Praxisbeispiele

7.1 Beispiel 1: Algenbefall an einem Mehrfamilienhaus

Ein Mehrfamilienhaus in einer feuchten, schattigen Lage wies starken Algenbefall auf der Nordseite auf. Durch eine Kombination aus gründlicher Reinigung, Anwendung einer fungiziden Beschichtung und Verbesserung der Dachentwässerung konnte das Problem nachhaltig gelöst werden.

7.2 Beispiel 2: Pilzbefall an einer Schulgebäude-Fassade

Ein Schulgebäude zeigte nach einigen Jahren deutliche Anzeichen von Pilzbefall. Die Sanierung umfasste die Entfernung der befallenen Putzschicht, eine intensive Reinigung und den Auftrag einer neuen Putzschicht mit bioziden Zusätzen.

7.3 Beispiel 3: Flechtenbefall an einem historischen Gebäude

An einem historischen Gebäude traten Flechtenbefall auf, der die Ästhetik erheblich beeinträchtigte. Durch eine schonende Reinigung und den Einsatz spezieller Schutzmittel konnte der Befall entfernt und die Fassade geschützt werden.

8. Zusammenfassung und Fazit

Biologischer Befall auf Wärmedämm-Verbundsystemen ist ein häufiges Problem, das sowohl die Optik als auch die Funktionalität von Gebäudefassaden beeinträchtigen kann. Die Ursachen sind vielfältig, wobei Feuchtigkeit der Hauptfaktor ist. Eine Kombination aus präventiven Maßnahmen, regelmäßiger Wartung und gezielter Sanierung kann helfen, den Befall zu minimieren und die Lebensdauer der WDVS zu verlängern.

9. Quellen und weiterführende Informationen

  • „Fassadenschutz: Prävention und Sanierung von Algen- und Pilzbefall“ von Dr. Markus Keller
  • „Biologischer Befall an Gebäudefassaden: Ursachen und Lösungen“ von Prof. Dr. Hans Schmidt
  • Website des Instituts für Bautenschutz: www.bautenschutz.de
  • Informationsportal WDVS: www.wdvs-info.de

Durch die Berücksichtigung der hier aufgeführten Hinweise und Maßnahmen kann die Lebensdauer von Wärmedämm-Verbundsystemen erheblich verlängert und die Gefahr von biologischem Befall minimiert werden.

Charles Knepper

öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer Halle / Saale

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