Obwohl wir sie weder sehen noch riechen können, sind in unserer Umgebungsluft tagtäglich Milliarden von Mikroorganismen unterwegs – darunter auch Schimmelpilzsporen. Diese natürlichen Bestandteile der Luft sind in der Regel harmlos, können aber unter bestimmten Bedingungen im Innenraum zu Problemen führen.
Im Rahmen einer Innenraumbewertung wurde in der Stadt Marl am 6. März 2025 eine Luftkeimsammlung im Außenbereich durchgeführt. Die Proben dienen als Referenz zur Beurteilung, ob ein erhöhter Schimmelpilzbefall im Gebäude durch Innenraumquellen oder durch natürliche Außenluftzufuhr bedingt ist.
Die Ergebnisse geben nicht nur Auskunft über die Jahreszeittypik der Außenluft, sondern liefern auch spannende Erkenntnisse darüber, was in unserer Atemluft so alles „unterwegs“ ist.

1. Probenahme – so wurde gearbeitet
Probenbezeichnung: LKS-01, Außen (Referenzprobe)
Ort: Stadt Marl
Datum: 6. März 2025
Probenvolumen: 100 Liter
Nährböden:
- MEA (Malt Extract Agar)
- DG18 (Dichloran Glycerol Agar)
Inkubation: 7 Tage bei 25 °C ± 3 °C
Diese standardisierte Methodik ermöglicht den Nachweis kultivierbarer Schimmelpilze und Bakterien in der Umgebungsluft.
2. Analyse der Ergebnisse – Was fliegt da eigentlich rum?
2.1 Nährboden MEA – Schimmelpilze auf Nährstoffbasis
Auf dem MEA-Nährboden wurden folgende Mikroorganismen kultiviert:
- Penicillium spp. (3 Arten) – 5 KBE / 50 KBE/m³
- Paecilomyces sp. – 1 KBE / 10 KBE/m³
- Sterile Kolonien – ohne genaue Artenzuordnung
- Überwachsene Kulturen – erschwert genaue Auszählung
Interpretation:
Die MEA-Platte wurde von schnell wachsenden Kolonien überwuchert – ein Phänomen, das bei hoher Sporendichte oder besonders aggressivem Myzelwachstum auftritt. Dennoch lassen sich einige typische Außenluftpilze wie Penicillium oder Paecilomyces nachweisen. Beide Gattungen sind weltweit verbreitet und stammen häufig von Boden, Pflanzenmaterial oder Kompost.
2.2 Nährboden DG18 – Xerophile und typische Außenluftpilze
DG18 wurde entwickelt, um trockentolerante Pilze zu fördern. Diese Bedingungen simulieren eher „reale Luftumgebungen“ – mit folgenden Ergebnissen:
Pilzgattung | KBE/m³ Luft |
---|---|
Penicillium spp. (4 Arten) | 320 |
Cladosporium spp. | 50 |
Aspergillus fumigatus Komplex | 30 |
Alternaria sp. | 10 |
Sterile Kolonien | 100 |
Die Gesamtbelastung liegt bei 510 KBE/m³, was laut Umweltbundesamt einem normalen, jahreszeittypischen Außenluftspektrum entspricht.
3. Interpretation der wichtigsten Schimmelpilze
Penicillium spp. – Der „Allrounder“ in der Außenluft
Penicillium ist ein typischer Bodenpilz, der auf totem Pflanzenmaterial gedeiht. Einige Arten sind medizinisch oder lebensmitteltechnisch bedeutsam – andere können Mykotoxine bilden oder allergen wirken. Die hohe Konzentration (320 KBE/m³) ist im Frühling durchaus typisch.
Cladosporium spp. – Der dominante Außenluftpilz
Cladosporium ist in gemäßigten Klimazonen der häufigste Außenluftpilz überhaupt. Er stammt aus der Vegetation und ist im Frühling, Sommer und Herbst fast immer nachweisbar. Im Innenraum kann er auf Fensterlaibungen oder Tapeten auftreten.
Aspergillus fumigatus Komplex – Ubiquitärer Problemkeim
Dieser Komplex ist besonders gesundheitsrelevant. Er kann unter ungünstigen Bedingungen bei immungeschwächten Personen invasive Infektionen (Aspergillosen) verursachen. In der Außenluft ist Aspergillus fumigatus jedoch ganz natürlich, insbesondere in der Nähe von Kompost, Erde oder Abfall.
Alternaria sp. – Ein Pollen-ähnlicher Allergieauslöser
Alternaria bildet große Sporen, die wie Pollen eingeatmet werden können. Menschen mit Heuschnupfen reagieren häufig auch auf Alternaria allergisch. Typisch für Frühjahrs- und Sommermonate, wenn Pflanzenmaterial in Zersetzung übergeht.
Sterile Kolonien – Unsichtbare Vielfalt
Kolonien ohne Sporenbildung lassen sich nicht eindeutig identifizieren, zeigen aber deutlich, dass mikrobielles Leben aktiv ist. In Kombination mit anderen Gattungen spricht dies für eine vielschichtige biologische Luftbelastung.
4. Bildauswertung – Was zeigen die Petrischalen?
Die Fotodokumentation nach 7 Tagen Inkubation zeigt:
- MEA-Platte (links): Überwucherte Kolonien, weißlich bis grünlich, große Filzstrukturen – typisch für Penicillium, Paecilomyces, sterile Myzelien
- DG18-Platte (rechts): Vielgestaltige Kolonien, darunter grüne, graue, schwarze und flaumige Pilze – klare Hinweise auf Cladosporium, Aspergillus und Alternaria
Die große Kolonie mit dunklem Zentrum und hellem Rand ist typisch für Alternaria, während die grünen, pudrigen Flächen auf Penicillium oder Aspergillus hinweisen.

5. Bewertung nach Umweltbundesamt
Der gemessene Wert von 510 KBE/m³ ist laut Schimmelleitfaden des Umweltbundesamtes (Stand: November 2017) normal und unauffällig. Außenluft kann saisonal zwischen 100–1.000 KBE/m³ enthalten – je nach Witterung, Standort, Vegetation und Tageszeit.
Diese Werte sind unverzichtbar für die Bewertung von Innenraumproben. Nur mit einer solchen Referenz ist es möglich, eine Innenraumquelle eindeutig zu identifizieren.
6. Warum Außenluftmessungen wichtig sind
- Vergleichsbasis für Innenluftuntersuchungen
- Ausschluss natürlicher Quellen
- Nachweis einer Raumluftkontamination durch Innenraumquellen
- Erkennen jahreszeitlicher Schwankungen
Ohne Referenzwert würde man hohe Innenraumkonzentrationen möglicherweise falsch bewerten – insbesondere in der Übergangszeit wie dem Frühling.
Fazit – Die Luft, die wir atmen, ist lebendig
Die Luftkeimsammlung in Marl vom 6. März 2025 zeigt ein typisches Frühlingsszenario: Eine Vielzahl natürlicher Pilze ist unterwegs, darunter sowohl harmlose Umweltkeime als auch gesundheitlich relevante Arten. Für sich genommen ist dieser Befund nicht bedenklich – er dient aber als unverzichtbare Referenzgröße für Innenraumbewertungen.
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Quellen:
- Umweltbundesamt: Schimmelleitfaden 2024
- Handlungsempfehlung des Landesgesundheitsamts BW
- Bewertungskriterien aus der Fachpraxis und wissenschaftlichen Leitlinien