Aspergillus ochraceus Komplex – Ein unterschätzter Schimmelpilz mit hohem Gefährdungspotenzial

Der Aspergillus ochraceus Komplex umfasst eine Gruppe von Schimmelpilzarten, die sich morphologisch ähneln und häufig gemeinsam unter dem Oberbegriff „Aspergillus ochraceus“ zusammengefasst werden. Trotz seiner relativen Unbekanntheit gehört dieser Pilzkomplex zu den potenziell gefährlichen Bewohnern von Innenräumen. Verantwortlich dafür ist insbesondere das von einigen Stämmen gebildete Ochratoxin A, eines der stärksten bekannten Mykotoxine.

In diesem Beitrag beleuchten wir Herkunft, Wachstumsbedingungen, gesundheitliche Risiken, Nachweismethoden sowie Sanierungsempfehlungen zu Aspergillus ochraceus – fundiert, praxisorientiert und aktuell.


1. Taxonomie und Biologie

Aspergillus ochraceus gehört zur Ordnung Eurotiales innerhalb der Abteilung Ascomycota. Die Art ist morphologisch schwer abgrenzbar, da sie Teil eines sogenannten Artenkomplexes ist. Der Begriff „Aspergillus ochraceus Komplex“ umfasst mehrere genetisch verwandte Arten, die nur mittels molekularbiologischer Methoden eindeutig differenzierbar sind​.


2. Lebensweise und Vorkommen

Aspergillus ochraceus ist ein weltweit verbreiteter saprophytischer Schimmelpilz. In Innenräumen ist er weniger häufig als Aspergillus fumigatus oder Aspergillus versicolor, aber keineswegs bedeutungslos. Häufige Fundorte sind:

  • Lebensmittelprodukte wie Kaffee, Gewürze, Nüsse und Trockenfrüchte​
  • Staubproben und Raumluft in feuchten, schlecht gelüfteten Bereichen
  • Innenräume mit hoher organischer Belastung, insbesondere bei Wasser- oder Bauschäden

Der Pilz wächst bereits bei relativ niedrigen Wasseraktivitäten (aw-Wert ca. 0,77–0,95) und bevorzugt Temperaturen zwischen 28–32 °C​.


3. Gesundheitliche Bewertung

3.1 Toxinbildung

Der Aspergillus ochraceus Komplex ist bekannt für die Produktion von Ochratoxin A (OTA) – einem nephrotoxischen, cancerogenen und immunsuppressiven Mykotoxin​​. Bereits in geringen Konzentrationen kann OTA langfristige gesundheitliche Auswirkungen haben.

Zusätzlich wurde auch Penicillinsäure in Isolaten von Aspergillus ochraceus nachgewiesen, ein weiteres potenziell toxisches Stoffwechselprodukt​.

3.2 Gesundheitsrisiken

Zu den möglichen gesundheitlichen Beschwerden gehören:

  • Reizungen der Atemwege und Schleimhäute
  • Allergische Reaktionen
  • Langfristige Nierenschäden durch chronische OTA-Exposition
  • Immunschwächung und erhöhte Anfälligkeit für Infekte

Besonders gefährdet sind:

  • Menschen mit chronischen Atemwegserkrankungen
  • Kinder, ältere Menschen und immungeschwächte Personen
  • Personen mit dauerhafter Schimmelpilzexposition (z. B. in feuchten Wohnungen)

4. Nachweis und Identifikation

4.1 Klassische Nachweisverfahren

Zur Identifikation von Aspergillus ochraceus kommen kulturbasierte Verfahren auf speziellen Nährmedien (MEA, DG18) zum Einsatz. Die Kolonien zeigen meist:

  • Gelblich-ockerfarbene Oberfläche
  • Glatte bis leicht raue Konidien
  • Langsam wachsendes Myzel bei optimaler Temperatur um 30°C

Eine Differenzierung innerhalb des Artenkomplexes ist rein morphologisch jedoch nicht zuverlässig möglich. Daher ist für eine exakte Identifikation eine molekularbiologische Analyse mittels DNA-Sequenzierung (z. B. Calmodulin-Gen) erforderlich​.

4.2 Luft- und Materialproben

Der Nachweis kann erfolgen durch:

  • Luftkeimsammlung mittels Impaktion (Innen- vs. Außenluftvergleich)
  • Materialproben bei sichtbarem Befall
  • Staubanalysen zur retrospektiven Bewertung von Schimmelpilzexpositionen

5. Hygienische Bewertung

Aspergillus ochraceus wird aufgrund seiner Toxinbildung als gesundheitlich relevant eingestuft. Der Nachweis in Innenräumen ist in jedem Fall als hygienisch auffällig zu bewerten und muss fachlich beurteilt werden.

Die aktuelle Literatur und der UBA-Schimmelleitfaden 2024 geben keine spezifischen Grenzwerte für Aspergillus ochraceus an, jedoch gilt das generelle Prinzip:

„Schimmelpilze in Innenräumen sind grundsätzlich unerwünscht.“

Jeder positive Nachweis erfordert eine Ursachenklärung und ggf. eine Sanierungsmaßnahme.


6. Sanierung bei Aspergillus-ochraceus-Befall

Die Sanierung orientiert sich an den allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere an:

  • WTA-Merkblatt E-4-12
  • Netzwerk Schimmel Richtlinie 2022
  • Schimmelleitfaden des Umweltbundesamtes (2024)

6.1 Sanierungsziele

  • Beseitigung der Ursache (Feuchtigkeit)
  • Entfernung befallener Materialien
  • Vermeidung einer Wiederverkeimung
  • Minimierung der Sporenkonzentration in der Raumluft

6.2 Sanierungsschritte

  1. Schadensanalyse und Ursachenforschung
  2. Bauphysikalische Messungen (z. B. Feuchtemessung, Thermografie)
  3. Abschottung des betroffenen Bereichs
  4. Sichere Entfernung kontaminierter Materialien
  5. Oberflächenreinigung und ggf. Desinfektion
  6. Raumluftreinigung mit HEPA-Filtern
  7. Freimessung zur Erfolgskontrolle

7. Rechtliche Bewertung bei Mietwohnungen

Aspergillus ochraceus ist ein gesundheitlich relevanter Schimmelpilz. Wird er in einer Mietwohnung nachgewiesen, liegt in der Regel ein Mangel vor. Der Mieter hat dann Anspruch auf:

  • Mietminderung
  • Mängelbeseitigung durch den Vermieter
  • Beweissicherung durch ein Sachverständigengutachten

8. Prävention – Wie sich ein Befall vermeiden lässt

  • Regelmäßiges Stoßlüften (besonders in Küche und Bad)
  • Vermeidung von Kältebrücken (Wärmedämmung)
  • Keine Möbel direkt an Außenwände stellen
  • Kontinuierliches Feuchtigkeitsmonitoring
  • Frühzeitige Sanierung von Wasserschäden

Fazit

Der Aspergillus ochraceus Komplex stellt ein erhebliches gesundheitliches Risiko dar – nicht nur durch mögliche Allergien, sondern insbesondere wegen seiner Fähigkeit zur Ochratoxin A-Produktion. Sein Auftreten im Innenraum ist ein klarer Hinweis auf ein bestehendes oder vergangenes Feuchteproblem. Eine professionelle Begutachtung und Sanierung ist daher unerlässlich.


Vertrauen Sie auf über 25 Jahre Erfahrung in der Schimmelpilzdiagnostik

Wenn Sie den Verdacht haben, dass Aspergillus ochraceus in Ihrem Gebäude vorkommt, oder bereits ein entsprechender Laborbefund vorliegt, stehen wir Ihnen als erfahrenes Sachverständigenbüro kompetent zur Seite.

Nehmen Sie Kontakt mit uns auf:

Sachverständigenbüro Charles Knepper
Kirchweg 4
06295 Lutherstadt Eisleben
Funk: 0177 – 4007130
E-Mail: gutachter-knepper@online.de

Webseiten:
https://schimmelhilfe24.de
https://holzschutz-gutachten24.de
https://gutachter-knepper.de
https://bauschaden24.eu


Quellen:

  • Umweltbundesamt: Schimmelleitfaden 2024​
  • Landesgesundheitsamt BW: Schimmelpilze in Innenräumen​
  • Netzwerk Schimmel e. V.: Richtlinie zum sachgerechten Umgang mit Schimmelpilzschäden (2022)
  • WTA-Merkblatt E-4-12: Ziele und Kontrolle von Schimmelpilzsanierungen in Innenräumen
  • Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg: Handlungsempfehlungen zur Schimmelpilzsanierung​

Charles Knepper

öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger der Handwerkskammer Halle / Saale

Schreibe einen Kommentar